Was ist eine selbstschuldnerische Bürgschaft? Definition, Erläuterungen und Beispiel
Eine selbstschuldnerische Bürgschaft ist eine Sonderform der Bürgschaft, die für den Gläubiger eine höhere Sicherheit, für den Bürgen jedoch ein höheres Risiko bedeutet. Gerät der Schuldner, für welchen gebürgt wird, in Zahlungsverzug, darf sich der Gläubiger mit seinen Forderungen direkt an den Bürgen wenden. Der Bürge wird also behandelt, als sei er selbst der Schuldner. In einem einseitig verpflichtenden Bürgschaftsvertrag verzichtet der Bürge im Falle einer selbstschuldnerischen Bürgschaft auf die Einrede der Vorausklage nach § 773 BGB.
Beispiel: selbstschuldnerische Bürgschaft für die Miete
Eine junge Studentin studiert in einer Großstadt und möchte dort auch wohnen. Ihr Kontostand ist gut, doch ihre Einkünfte aus einer Nebenerwerbstätigkeit sind sehr unregelmäßig, da sie auf Abruf arbeitet und während der Prüfungszeiten komplett pausiert. Der Vermieter ist nur dann bereit, der jungen Frau seine Wohnung zu vermieten, wenn sie einen selbstschuldnerischen Bürgen vorweisen kann.
Eine einfache Bürgschaft reicht dem Vermieter nicht, da er befürchtet, dass er letztendlich große Anstrengungen bei dem Versuch unternehmen müssen wird, sein Geld mit allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln von der Hauptschuldnerin einzutreiben, bevor er sich an den Bürgen wenden darf.
Die Studentin erzählt ihren Eltern von der Forderung des Vermieters, die daraufhin die selbstschuldnerische Mietbürgschaft für ihre Tochter übernehmen, weil sie ihr die gewünschte Selbstständigkeit ermöglichen möchten und ihr vertrauen, dass sie diese risikobehaftete Position der Eltern nicht absichtlich ausnutzen wird.
Senkung des Risikos für den selbstschuldnerischen Bürgen mit den richtigen Vertragsinhalten
Natürlich ist eine selbstschuldnerische Bürgschaft riskanter als eine gewöhnliche Bürgschaft, im Rahmen derer der Bürge vertraglich das Recht hat, seine Zahlung so lange hinauszuzögern, bis eine erfolglose Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner erfolgt ist. Rechtlich wird dies als Einrede der Vorausklage bezeichnet und der selbstschuldnerische Bürge verzichtet auf ebendiese.
Doch eine langjährige Übernahme der Mietzahlungen für einen Schuldner, der nicht bezahlen kann (oder will), kommt dadurch nicht gleich zustande, denn der Bürge kann sich vertraglich durchaus schützen – etwa durch die Festsetzung eines Höchstbetrags für die Bürgschaft. Das ist eine recht gängige Praxis und meist beträgt der Höchstbetrag dieser sogenannten Höchstbetragsbürgschaft drei Monatsmieten. Alternativ kann vertraglich eine zeitliche Begrenzung für die Bürgschaft festgelegt werden, was als Zeitbürgschaft bezeichnet wird.
Neben den vertraglichen Möglichkeiten spielt beim Risiko einer selbstschuldnerischen Bürgschaft natürlich das Verhältnis zum Schuldner eine große Rolle. Es muss eng und vertraut sein und am besten auf der Grundlage einer Verwandtschaft oder innigen Freundschaft stehen, dann ist ein bewusster Missbrauch dieser besonderen Form der Bürgschaft – hoffentlich – ausgeschlossen.
Geteilte selbstschuldnerische Bürgschaft: Mitbürgschaft und Teilbürgschaft
Es gibt eine weitere Möglichkeit, selbstschuldnerisch zu bürgen und zugleich das persönliche Risiko zu reduzieren, doch dafür müssen weitere Menschen gefunden werden, die ebenfalls zur Übernahme einer Bürgschaft bereit sind. Gemeint sind die Mitbürgschaft und die Teilbürgschaft. Erstere erfordert mehrere Bürgen, die alle im Vertrag gelistet sind und die Forderung des Gläubigers untereinander aufteilen, während bei der Letzteren die Teilbürgen, unabhängig voneinander, jeweils nur für einen Teil der Gesamtschuld aufkommen.